Wer bin ich im Herz?
Der Purpurflow und das Erz
Wie eine strahlende Fanfare der Freude rauscht Gelb herein- ungetrübt leuchtend- handelnd ist es die starke Anführerin des Purpurflows.
Im Dreiklang mit Purpur fehlt scheinbar das Cyan, das aber in den weißlichen Molkeglasflächen je nach Lichtsituation bläulicher bis grünlicher mitspielt. Par Exellence stimmt der mächtige Dur Klang von Zitron über Goldgelb, Orange, Zinnober, Karmin auf den angeschlagenen Farbakkord aus Gelb-Orange und Purpur ein: Freude, Kraft und Wärme pur strahlen uns prachtvoll entgegen.
Würden wir die Farben in den Mengenverhältnissen der Komposition alle zusammenschütten, entstünde ein kämpferisches Rot, wie wir es mit dem Mars verbinden und dem des sog. Blutmondes, der außergewöhnlichen Mondfinsternis vor wenigen Tagen. Und wir verbinden es mit der Kraft des Eisens, obwohl es ja selbst silbern ist, ist Eisen der wichtige Stoff in unserem roten, frischen Blut. Es ist der aktiven, der männlichen, energischen Kraftentfaltung eigen. Das rotbraune Eisenerz ist der metallhaltige Bestandteil der Erde und magmatischen, metamorphen und sedimentären Ursprungs.
Die Steigerungsbedeutung im Sinne “von Grund auf, durch und durch” ist E R Z, wie im ERZengel aus der altgriechischen Form archè und findet sich noch in den Worten wie Architektur, Hierarchie und verschmolzen in Arzt. Archè ist auch der Name des Anfangs, des Urstoffs, als Prinzip des Seins.
Deshalb wundert es nicht, dass das E r e i g n i s des P U R P U R F O W S- denn es ist ein temporäres Ereignis und keine Ausstellung im ehemaligen Verladeturm der Eisenerzwaschanlage Eisen zur ERZART 4 seinen Kristallisationspunkt findet. Genau diese Region des Vogelsbergs war eine bedeutende Erzlagerstätte wo im Tagebau Eisenerz für Stahl und Gusseisen gewonnen wurde und mit der Eisenbahn abtransportiert wurde. Welche totbringende Zerstörung und welcher lebensspendende Segen mit diesem mythischen Material Eisen verbunden ist, wissen wir alle. Gehen wir heute unsere heißen Eisen segensvoller an?
Etwas so leichtes, zartes, vergängliches und luftiges wie ein transparenter Farbflaschmob aus Farbstaub und Molke durchdringt die überall massiven quadratischen Grundstrukturen des Turmes, der Anlage, der Betonflächen, der Straßenverläufe. Der Farbflow spiegelt sich in den Fenstern der heutigen Schreinerei HolzArt. Der Purpurflow kann überhaupt nur an den Glasflächen sichtbar werden, denn hier spielen Innen und Aussen in einem dauernden Spiel zusammen und öffnen sich zum Licht. Hier wird das Glas zum Träger, wie ein kostbares Gefäß offen für das Fluten der Farbe, ohne sich abzugrenzen oder sich wie sonst unsichtbar zu machen. Es spiegelt, indem es selbst seine Durchsichtigkeit opfert: Alles ist mit allem verbunden.
Am zentralen Herzpunkt der gesamten Komposition des Purpurflows treffen die 3 sichtbaren Mitspieler Gelb, Orange, Purpur leuchtend aufeinander und changieren in einem Karmin. Sie stehen in einem direkten Verhältnis zu einer großen, lichten offenen Trübe. An diesem kristallinen und doch spiraligen Begegnungspunkt ist der Fokus der gesamten Farbraumkomposition. Ist es verwunderlich, dass viele Besucher sich genau dort fotografieren? Ist es verwunderlich, dass es immer wieder der Punkt ist, wo der Blick ruht? Hier dreht sich etwas, hier klingt die an uns gestellte offene Frage an:
Wer bin ich im HERZ?